Sonntag, 10. April 2011

WUNDSTARRE


was fühlt disz hertze nicht vor allzeit frische wunden
Andreas Gryphius

Als der Schatten einer Wolke über das Gesicht der Elbin zog, schlug sie die Augen auf. Würzig duftete das Gras, in dem sie sich ausstreckte. Wohlig wollte der Leib sich auf dem feuchten Boden wenden. Wie ein Blitz aber fuhr das Erkennen in ihre Glieder. Während ich mich dem Sturm hingab, verriet ich den Sohn des Jägers. Auf dem Alten Berg ließ ich wiederum geschehen, wovor ich zu fliehen nur vorgab. Schon klatschten ihre nackten Füße auf den Beton. Keuchend erreichte sie die menschliche Bleibe. Vergebens war ihre Eile. Das Kind des Wildermuth, das sie zurück gelassen, war nicht mehr daheim. Nur durch meine Schuld gewinnt der Leidensmann, der alles vergibt, seine Macht über das alte Volk. Weil ich nicht treu bleiben kann, führte mich schon die Mutter fort. Weiß verbindet sie meine blutigen Wunden; erstarrt ruhe ich im steinernen Schiff aus wie eine Tote.


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